Eigentlich sollte es ein Abend voller Nähe und Leidenschaft werden. Doch statt Geborgenheit und Lust war da plötzlich dieses Brennen. Wer schon einmal eine Pilzinfektion hatte, weiß, wie schnell ein intimer Moment kippen kann. Gerade wenn es um Sex geht, werden die Beschwerden besonders deutlich und schmerzhaft.
Viele Frauen erleben diesen Widerspruch: Auf der einen Seite das Bedürfnis nach Nähe, auf der anderen Seite das Gefühl, dass der eigene Körper nicht mitmacht. Scheidenpilz ist dabei kein seltenes Phänomen, sondern eine der häufigsten Intimbeschwerden überhaupt.¹ Fast jede Frau macht im Laufe ihres Lebens mindestens einmal diese Erfahrung, manche leider immer wieder. Und genau dann beginnt die Unsicherheit: Darf man mit einer Infektion überhaupt Sex haben? Ist es ansteckend? Und wie lässt sich verhindern, dass es nach dem Geschlechtsverkehr gleich wieder losgeht?
Wenn Intimität zur Belastung wird
Ein Pilz im Intimbereich ist nicht nur ein medizinisches Thema. Er betrifft den ganzen Menschen – körperlich, emotional und in der Partnerschaft.
- Körperlich: Brennen, Juckreiz, Schwellung und Ausfluss machen jede Berührung unangenehm oder sogar schmerzhaft.
- Emotional: Viele Frauen fühlen sich unattraktiv, haben Angst vor Zurückweisung oder schämen sich.
- Partnerschaftlich: Intimität wird vermieden, Nähe schwindet, Missverständnisse entstehen.
So entsteht schnell ein Teufelskreis: Man sehnt sich nach Nähe, aber der Gedanke an Schmerzen blockiert. Der Partner versteht oft nicht, was los ist. Und die Lust verschwindet.
Warum Pilzinfektionen nach dem Sex auftreten können
Hefepilze wie Candida albicans gehören zum Körper dazu. Sie werden erst dann zum Problem, wenn das Gleichgewicht im Intimbereich gestört ist. Und genau das passiert nach dem Sex manchmal schneller, als man denkt.
- Feuchtigkeit und Wärme bieten Pilzen ideale Bedingungen
- Reibung verursacht Mikrorisse in der Schleimhaut, die Infektionen wie Scheidenpilz oder bakterielle Vaginose begünstigen
- Sperma neutralisiert den pH-Wert und verändert so das Milieu
- Kondome können zwar schützen, aber bei Latexallergien zusätzlich reizen²
Wenn das Gleichgewicht einmal ins Wanken geraten ist, haben Pilze leichtes Spiel. Besonders in stressigen Zeiten, nach einer Antibiotikatherapie oder bei hormonellen Veränderungen tritt Scheidenpilz deshalb häufig nach dem Geschlechtsverkehr auf.
Der gefürchtete Ping-Pong-Effekt
Zahlreiche Frauen kennen das frustrierende Szenario: Kaum ist der Scheidenpilz überstanden, ist er nach dem nächsten Sex wieder da. Die Ursache ist oft der sogenannte Ping-Pong-Effekt. Es liegt daran, dass Pilze beim Partner vorhanden sind, ohne dass er selbst Beschwerden hat. Männer können Candida auf der Eichel oder unter der Vorhaut tragen und so unbewusst das Wiederauftreten begünstigen. Das bedeutet jedoch nicht, dass Männer „schuld“ sind – Pilze nutzen vor allem eine geschwächte Schleimhaut oder ein gestörtes Gleichgewicht im Intimbereich aus.²
Das bedeutet nicht, dass Männer „Schuld“ an dem Scheidenpilz sind. Vielmehr zeigt es, wie hartnäckig Pilze sein können, wenn die Balance einmal gestört ist. In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, dass beide Partner untersucht oder sogar behandelt werden, um ein ständiges Hin und Her zu verhindern.
Wenn Nähe wehtut
Wenn ein Scheidenpilz besteht, sind es vor allem die Schleimhäute, die auf jede Berührung empfindlich reagieren. Schon beim Eindringen kann ein starkes Brennen einsetzen, das jede Lust zunichtemacht. Manche Frauen spüren die Schmerzen erst während des Liebesspiels, wenn die Reibung zunimmt und die Haut immer stärker gereizt wird. Auch nach dem Sex hört die Belastung nicht auf: Juckreiz und ein unangenehmes Druckgefühl können noch Stunden oder sogar Tage anhalten.
Bei starker Entzündung können in der Schleimhaut durch die Reibung auch Mirkorisse entstehen, die manchmal leicht bluten.¹ Und selbst wenn die Beschwerden äußerlich kaum sichtbar sind, bleibt oft das Gefühl, dass der Intimbereich wund und empfindlich ist.
Wann ist Sex wieder möglich?
Die wichtigste Regel lautet: Solange Beschwerden bestehen, sollte man auf Geschlechtsverkehr verzichten. Nicht, weil es grundsätzlich verboten wäre, sondern weil der Körper Zeit zur Heilung braucht. Jede zusätzliche Reizung verlängert diesen Prozess und erhöht das Risiko, dass der Scheidenpilz erneut aufflammt. ³
Aus diesem Grund wird empfohlen, mindestens eine Woche nach Abklingen der Symptome zu warten, bevor man wieder intim wird. ³ Das gibt der Schleimhaut genug Zeit, sich zu regenerieren und reduziert die Gefahr einer erneuten Ansteckung.
Was langfristig wirklich hilft
Die akute Infektion lässt sich in der Regel gut behandeln. Schwierig wird es dann, wenn Scheidenpilz immer wiederkehrt, vor allem nach dem Sex. Die Ursache liegt oft darin, dass das Mikrobiom im Intimbereich noch nicht stabil genug ist. Pilze nutzen jede Schwäche sofort aus.
Deswegen geht es nicht nur darum, den Pilz loszuwerden, sondern auch, die natürliche Schutzbarriere wieder aufzubauen. Hier spielen Milchsäurebakterien eine entscheidende Rolle. Sie gehören von Natur aus zum Intimbereich jeder Frau und sind so etwas wie die „Bodyguards“ gegen unerwünschte Eindringlinge.⁴ Indem sie Milchsäure produzieren, halten sie den pH-Wert im sauren Bereich – genau die Umgebung, die Pilze und andere Keime nicht mögen.
Besonders wichtig sind dabei die sogenannten Döderlein-Bakterien (Lactobacillus-Arten). Sie gelten als die Leitkeime des Intimbereichs und machen den größten Teil der gesunden Bakterienflora aus. Neben Milchsäure bilden sie auch Stoffe wie Wasserstoffperoxid und Bakteriozine, die aktiv verhindern, dass sich krankmachende Keime ansiedeln können. Wenn diese „guten“ Bakterien geschwächt sind – etwa durch Antibiotika, Stress oder hormonelle Veränderungen – entsteht ein Ungleichgewicht, und Infektionen wie Scheidenpilz oder bakterielle Vaginose haben leichteres Spiel.¹ ⁴
Wenn diese Bakterien in ausreichender Zahl vorhanden sind, schaffen sie eine Art Schutzschild:
- Pilze finden schlechtere Wachstumsbedingungen.
- Krankmachende Bakterien werden in Schach gehalten.
- Die Schleimhaut bleibt widerstandsfähiger gegen Reizungen und kleine Verletzungen.⁴
Mit Zuversicht nach vorn
Sex und Scheidenpilz – zwei Themen, die man ungern zusammenbringt, die aber für viele Frauen Realität sind. Wichtig ist zu wissen: Du bist nicht allein, und du hast nichts falsch gemacht.
Mit dem genauen Wissen, etwas Geduld und der richtigen Unterstützung für deinen Körper kannst du nicht nur die Infektion überwinden, sondern auch wieder Vertrauen in deine Intimität gewinnen. Denn Nähe und Lust sollen Freude machen und nicht von Schmerzen überschattet sein.
Quellenverzeichnis:
1. Gaziano, R. et al. (2023). The interplay between Candida albicans, vaginal mucosa and microbiota. Microorganisms.
2. Geiger, A. et al. (2004). Candida transmission and sexual behaviors as risks for repeat vulvovaginitis. J Women’s Health.
3. Donders, G. et al. (2022). Management of recurrent vulvovaginal candidosis (RVVC). Front. Cell. Infect. Microbiol.
4. Borges, S. et al. (2014). The role of lactobacilli and probiotics in maintaining urogenital health. Arch Gynecol Obstet.